„Es ist ein Herzensprojekt"

„Es ist ein Herzensprojekt"

10.01.2020 | Gründerstories

Interview mit Ralf Zimmermann, geführt von: Katja Brauchle

Ralf Zimmermann ist hauptberuflich am Schmidt's Tivoli-Theater in Hamburg tätig. Nebenbei hält er mehrmals im Jahr Traureden. Wie er dazu kam und warum es bei den beiden Jobs mehr Überschneidungen gibt, als man zunächst denken könnte, hat er uns im Interview erzählt.

Ralf, erzähl doch kurz, womit du dich selbstständig gemacht hast und wie lange du das inzwischen machst.

Ich bin seit 1,5 Jahren nebenberuflich selbstständig als Trauredner in der Region Hamburg bzw. Norddeutschland.

Wie bist du auf diese Idee gekommen?

Ich kam dazu eigentlich wie die Jungfrau zum Kinde, hatte damals als Trauzeuge diese Aufgabe mitübernommen. Danach bekam ich gutes Feedback von den Anwesenden, auch den Dienstleistern. Ich habe dann etwa ein halbes Jahr darüber nachgedacht und es dann in die Hand genommen und umgesetzt.

Hast du lange überlegt, ob du den Schritt wagen willst?

Ich arbeite hauptberuflich am Theater und das ist ein sehr ähnliches Thema, denn es geht um Emotionen und Geschichten. Natürlich ist die Arbeit als Trauredner viel individueller. Ich habe schnell gemerkt, dass es wichtig ist, gut zuhören zu können und natürlich muss man gern vor Menschen stehen. Ich hatte öfter den Gedanken, dass das eine große Verantwortung wird. Demut davor hat sich eingeschlichen. Denn man hat eine Verantwortung den Menschen und der Liebe gegenüber. Das wurde mir drei Tage vor meiner ersten Rede nochmal sehr bewusst. Da dachte ich nicht nur einmal: „Wer verdammt hat eigentlich gesagt, dass ich das kann“?

Wie hast du es der Welt klargemacht, dass du jetzt als Trauredner gebucht werden kannst?

Das ist ein boomender Markt mit viel Konkurrenz. Ich musste also schnell Dinge umsetzen, dabei war mir aber Qualität von Anfang an wichtig. Dann lief viel über Mund zu Mund Propaganda und ich bekam eine Art Vertrauensvorschuss, da ich ja noch keine lange Referenzliste an Trauungen hatte. Ich habe dann recherchiert, wer im Raum Hamburg/Schleswig-Holstein schon etabliert am Markt ist und mich mit denen getroffen. Das war ein großer Vorteil, denn ich konnte die Leute von mir überzeugen und sie haben mich weiterempfohlen, zum Beispiel für Termine, die sie selbst nicht annehmen konnten. So konnte ich gute Erfahrung sammeln. Ich bin kein Typ für Messen und möchte lieber als Mensch mit Qualität und etwas Besonderem auffallen. Ich hatte natürlich wenig Druck, weil ich immer noch meine Hauptbeschäftigung habe. Natürlich habe ich aber meine Homepage und die ist sehr transparent im Bezug auf Leistungen und Preise. Mir geht es nicht so sehr darum, viel Geld damit zu verdienen. Ich habe noch nie so etwas Sinnstiftendes in meinem Leben gemacht.

Gab es Momente, in denen du gezweifelt hast, weil es vielleicht nicht immer ideal lief? Was gibt dir Kraft, wenn es mal nicht rund läuft?

Diese Phasen gibt es. Wie gesagt, es gibt viel Konkurrenz auf dem Gebiet und man zweifelt schon mal an sich, wenn man sich zu viel damit auseinandersetzt. Deshalb vergleiche ich mich jetzt nicht mehr so sehr mit anderen, sondern berufe mich auf meine eigenen Stärken. Und wenn ich an erfolgreiche Events denke, gibt es mir immer wieder Kraft. Ich weiß, dass ich Paare durch Bildsprache immer gut abholen kann und habe bisher eine 100% Abschlussquote.

Triffst du die Paare immer vor ihrer Hochzeit? Wie läuft so ein Gespräch ab?

Es kommt auf den Zeitraum bis zur Hochzeit an, meistens ist das ein Dreivierteljahr bis 1 Jahr. Es gibt immer ein Vorgespräch mit Vereinbarung zur gemeinsamen „Reise“, ich rede von Reise weil „Arbeit“ so unemotional ist. Dann habe ich einen Fragebogen in 2 Teilen – darin enthalten sind Klassiker wie „wie habt ihr euch kennengelernt, was ist das besondere an euch, wie lange seid ihr zusammen“ und im zweiten Teil geht es eher um fun facts, hat das Paar eine gemeinsame Vision, Fragen wie „wenn dein Partner ein Film wäre, wie würde er heißen?“

Es ist ganz unterschiedlich, wieviel man zurückbekommt, das kann eine Seite sein, das können acht Seiten sein. Ganz neu bitte ich die Paare jetzt auch um eine Sprachnachricht per WhatsApp in der sie mir einen kurzen Abriss über deren Leben geben sollen. Der ganze Prozess ist wie ein Puzzle, man muss die einzelnen Teile richtig zusammensetzen. Mit all den Infos kann man alles oder nichts machen, deshalb müssen einige Dinge definiert werden. Dazu bekommen die Paare eine Ideenskizze mit, wie es ablaufen könnte. Ich kann z.B. ein Hobby einarbeiten, bestimmte Themen mitnehmen, die Zeremonie auf eine besondere Sache anpassen. Es gibt aber auch Paare, die sagen mir „genau SO soll es sein“.

Wie laufen die Trauungen denn meistens ab?

Ich versuche, Dreiviertel der Trauungen wirklich frei zu machen. Zwar bereite ich einen Text vor, der dient aber eher als Archivierung für das Brautpaar. Ich rede lieber sehr frei, habe meine Ankerpunkte, an denen ich mich immer wieder orientiere. Wenn ich mal Luft holen muss, lese ich kleine Parts vor. Die Trauung sehe ich als Soloprogramm für das Brautpaar. Mein Ziel ist es, dass alle Anwesenden am Ende das Gefühl haben, dass sich alle seit 20 Jahren kennen und das Feedback war bis jetzt immer gut. Das funktioniert ganz gut. Der kreative Prozess fällt mir leicht, weil am Theater das Ideen kreieren mein tägliches Brot ist. Das geht gut zusammen. Ich mache auch eher weniger Hochzeiten, weil die Vorbereitung und Durchführung natürlich schon viel Energie kostet. Im ersten Jahr hatte ich 3 Hochzeiten, dieses Jahr waren es 5. Nächstes Jahr wird das um 100% gesteigert. Mehr will ich aber nicht machen, weil sonst vielleicht die Qualität nicht mehr gegeben ist, die ich bieten will. Manchmal muss ich Anfragen auch ablehnen, z.B. wenn der Termin bereits belegt ist oder ich einen privaten Termin habe oder mit der Arbeit unterwegs bin. Dann empfehle ich den Paaren gern Kollegen. Den Trauhafen sehe ich als Brand. Und da mehrere Schiffe in einem Hafen anlegen können, kann ich mir auch eine Zusammenarbeit mit anderen Hochzeitsdienstleistern vorstellen.

Kannst du dir vorstellen, irgendwann ganz auf die Selbstständigkeit zu bauen und deinen Hauptjob aufzugeben?

Wie gesagt, ich mache das, weil es ein Herzensprojekt und für mich sinnstiftend ist. Es macht Spaß und ich kann viele Talente und Stärken vereinen. Hochzeiten sind aber auch ein sehr saisonales Geschäft, es gibt mehr Hochzeiten im Sommer als im Winter. Natürlich wäre es traumhaft, wenn sich Paare zeitlich nach mir richten würden! Wenn man so GUT ist, dass ihnen die Jahreszeit egal ist. Momentan sehe ich das aber nicht als Hauptjob. Wenn ich irgendwann mit anderen zusammenarbeiten würde, könnte man auch noch viel mehr machen, dann wäre das Angebot nicht mehr nur die Rede, sondern man könnte die Gestaltung des ganzen Tages anbieten. Mal schauen, was die Zukunft bringt! Ich habe auf jeden Fall Ideen für eigene Produkte, die dann nicht unbedingt mit „Trauhafen“ gelabelt sind.


Lieber Ralf, danke für das spannende Interview. Und weiterhin viel Erfolg mit dem Trauhafen!

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