Vom Weltenbummler zum Coach

Vom Weltenbummler zum Coach

21.03.2019 | Gründerstories

Interview mit Leon Bucher, geführt von: Cynthia Henrich

Leon hat nach seinem BWL-Studium 9 Jahre für einen großen deutschen Konzern gearbeitet und dabei viele Stationen durchlaufen: Einstieg als Referent für Prozess- und Projektmanagement, dann Vorstandsassistent und zuletzt interner Business Consultant, Trainer und Projekt Manager für Innovationsmanagement, Instandhaltungs- und IT-Projekte. Eine erfolgreiche Karriere – bis er 2017 beschloss, zu kündigen. Ohne etwas Neues zu haben. Der Plan: Eine Weltreise, um sich darüber klar zu werden, was er eigentlich tun möchte. Sich selbstständig zu machen, war ein Gedanke, den er bereits als Angestellter immer wieder hatte. Und auf seiner Reise wurde aus den Gedanken ein handfester Plan. Davon erzählt er uns im Interview.

Wie kam es zu deiner endgültigen Entscheidung, dich selbstständig zu machen?

Ich bin 10 Wochen durch Neuseeland gereist. Als ich danach wieder in Städten wie Wellington, LA oder San Francisco angekommen bin, habe ich gemerkt, dass ich nicht der Typ bin, der komplett aussteigt und sich zum Beispiel eine Farm in Neuseeland kauft, sondern dass ich gerne in einer Stadt lebe und mit Menschen an Ideen und Projekten arbeite. Auf meiner Reise habe ich viele Freelancer mit den unterschiedlichsten Berufsrichtungen kennengelernt und mich mit ihnen ausgetauscht. Der Gedanke zur Selbstständigkeit begann, immer konkreter zu werden und sich zu festigen.

Durch das Feedback, welches ich am Ende meines Jobs bekommen habe sowie aufgrund der Eindrücke, die ich während meiner Reise gesammelt habe, wusste ich: wenn ich es jetzt nicht angehe, dann wird sich dieses Fenster so einfach – sprich, mit diesen guten Grundvoraussetzungen wie nicht gebunden sein, keine Verantwortung für jemand anderen tragen, in keiner Festanstellung sein – nicht mehr öffnen.

War es für dich absehbar, dass du dich irgendwann selbstständig machst?

Ich komme aus einer Unternehmerfamilie. Das heißt, seit drei oder vier Generationen hatten wir immer eine Firma mit unserem Namen. Und als ich die ersten Gedanken mit 16 oder 17 Jahren an „Was passiert eigentlich nach der Schule mit mir?“ hatte, hat mein Vater zu mir gesagt: „Übrigens, dass das klar ist, die Firma endet mit meinem Bruder und mir. Ihr werdet das Geschäft nicht übernehmen, da ihr in der nächsten Generation zu viele seid.“ Er wollte außerdem nicht, dass einer von uns den Alltag führt, den er im Autohaus hat, von 7 bis 18 Uhr, immer am gleichen Ort, sich immer mit den gleichen Themen und Leuten auseinandersetzen. Wir sollten uns gar nicht erst mit dem Gedanken anfreunden.

Was ich ganz spannend finde ist, dass wir Ältesten – also mein Bruder und ich sowie meine älteste Cousine – immer das Gefühl hatten, dass wir etwas Eigenes machen wollen. Mein Bruder ist bereits seit 5 Jahren Freelancer im Bereich UX Design und meine Cousine hat unter anderem Boutiquen geleitet. Gerade die Selbstbestimmtheit des eigenen Schaffens spielt bei uns in der Familie eine große Rolle. Der Gedanke, etwas Eigenes zu machen, war also immer irgendwie präsent. Nur hinter dem „was“ stand und steht noch ein großes Fragezeichen. Ich hatte bisher keine spezielle Passion oder so etwas. Ich habe nur immer schon gerne mit Menschen zusammengearbeitet.

Für mich steht also die Selbstständigkeit im Vordergrund. Und da ist der logische und auch sicherste Schritt, mich zunächst mit dem selbstständig zu machen, was ich kann. Also all das, was ich im Laufe meines Berufslebens gelernt und gemacht habe. Deshalb starte ich jetzt erst einmal als freiberuflicher Konzeptdesigner, Moderator, Design Thinker und Business Coach.

Wenn ich aber an meinen 5-Jahres-Plan denke, dann sehe ich mich auch stark im Non-Profit-Bereich oder beim Thema Nachhaltigkeit. Sprich, zum Beispiel schon bei der Ideen- beziehungsweise Produktentwicklung darüber nachzudenken, wie das Ganze nachhaltig gestaltet werden kann. Aber jetzt will ich erst einmal mit etwas starten, bei dem ich mich hinsichtlich meines Agierens sicher fühle, sodass ich den Kopf frei für die Modalitäten so einer Gründung habe.

Die da wären?

Beispielsweise schauen, wie das mit Finanzamt, Versicherungen & Co. läuft. Die meisten, die seit Jahren selbstständig sind, sagen: „Ach das ist eigentlich nicht schwierig.“. Aber für mich ist das natürlich jetzt was ganz Neues. Also alles, um das ich mich jetzt (selbst) kümmern muss, inklusive Absicherung meiner selbstständigen Tätigkeit. Denn man ist dann weder über die Arbeitslosenversicherung, noch die Rentenversicherung versichert.

Es ist natürlich nicht so, dass ich mich vorher noch nie mit dem Thema Rentenversicherung auseinandergesetzt habe. Es war mir schon in den Zeiten meines Angestelltenverhältnisses bewusst, dass das, was ich bekomme – wenn ich überhaupt etwas bekomme – im Rentenalter wahrscheinlich nicht reichen wird. Also war der Gedanke an eine private Rentenversicherung schon vorher da. Bislang sollte ich mich allerdings kümmern - jetzt muss ich! Und das verursacht erstmal ganz schön viel emotionalen Stress. (lacht) Denn was ist, wenn ich was übersehe, wenn ich irgendetwas Wichtiges vergesse?

Könntest du dich nicht freiwillig gesetzlich rentenversichern?

Es wäre eine Option, ist für mich aber im Gegensatz zur freiwilligen gesetzlichen Krankenkasse, eine schlechtere. Ich zahle ja jetzt für die Zukunft ein, das Geld wird aber von der Rentenversicherung direkt wieder ausgegeben. Nicht wie bei der gesetzlichen Krankenkasse, die für jetzt ist und bei der mir der soziale Ansatz sehr wichtig ist. Das heißt, ob ich wirklich etwas davon sehe später, ist relativ offen. Zahle ich jetzt direkt denselben Betrag in eine private Rentenversicherung ein, wird das Geld für mich angelegt, und das gibt mir etwas Sicherheit. Die einzige Unsicherheit ist da erstmal, ob wir in Zukunft noch ein funktionierendes Bankensystem haben oder wie wir überhaupt das Thema „Einkommen“ mit den Veränderungen aus der Digitalisierung zukünftig angehen. Als weitere Vorteile sehe ich, dass ich mir den Betrag auch bei Bedarf am Stück auszahlen lassen – oder im schlimmsten Fall – auf jemanden übertragen kann. Und das kann ich bei der gesetzlichen Rentenversicherung nicht. Mein Laienwissen habe ich mit dem Versicherungsmakler meines Vertrauens diskutiert, der unsere ganze Familie berät. Da ich keine Ahnung hatte, wollte ich mich von ihm als Experten über meine Optionen aufklären lassen.

Gibt es bestimmte Voraussetzungen, die du hast, von denen du sagst, die sind beziehungsweise waren hilfreich für den Weg in die Selbstständigkeit?

Ja, auf jeden Fall! Da wäre zum Beispiel mein BWL-Studium. Eine gute Freundin von mir hat ganz treffend gesagt: „Du hattest zwar nicht wirklich Bock auf BWL, aber gerade jetzt in diesem Prozess hilft dir das. Du verstehst die Dinge, die du zur Gründung liest. Du verstehst, was du machen musst.“ Mein qualifizierendes Studium ist eine gute Voraussetzung, gerade auch, um als Freiberufler eingestuft zu werden.

Eine andere Voraussetzung, die sich für mich jetzt ausbezahlt, ist, dass ich mich mit dem Thema ‚selbstständig neben dem Beruf‘ schon 2013 auseinandergesetzt habe. Damals wollte ich mich im Bereich Coaching für die Deutsche Bahn versuchen. Aber dann wurden die ganzen Bedingungen, die Formulare etc., die ich für das Unternehmen hätten erfüllen beziehungsweise ausfüllen müssen, zu kompliziert. So hab ich diesen Plan wieder verworfen. In der Zeit habe ich aber schon viel recherchiert und mir eine Liste erstellt, zu dem, was ich brauche. Was sind zum Beispiel gute Software oder Apps, die mir bei der Zeiterfassung oder der Buchführung helfen. Diese Liste habe ich jetzt wiedergefunden und da steht einiges drauf, das ich benutzen kann.

Würdest du sagen, dass du für diese Themen sensibilisiert bist, weil in deiner Familie Unternehmer sind und weil du auch Freunde hast, die selbstständig sind, oder bist du generell der Typ, für denn Sicherheit eine große Rolle spielt?

Ich bin älter als mein Bruder und als Erstgeborener bekommt man generell das Gefühl mit, Verantwortung übernehmen zu müssen. Das hat sich auch schon in der Wahl meines Studiums und meines Jobs gezeigt. Gleichzeit habe ich aber eben auch viele Menschen in meinem Umfeld, die Risiken eingehen und da sehe ich ja, das funktioniert auch. Und das gibt mir wiederum das Sicherheitsgefühl: ich kann das. Dadurch weiß ich aber vor allem auch, wie Selbständige mit dem Thema Unsicherheit umgehen, dass man für gewisse Themen Geduld mitbringen und vor allem auch einen Plan haben muss, zum Beispiel für die eigenen Finanzen. Heißt konkret: Was spare ich jetzt pro Monat? Was muss ich weglegen, etwa für die Einkommenssteuer? Was muss ich für regelmäßige Kosten zurücklegen?

Du hast gekündigt und dich dann doch nicht nebenberuflich selbstständig gemacht, obwohl das in der Praxis aufgrund eines sanften Übergangs eher üblich ist. Ist das finanziell nicht schwierig?

Für mich war immer wichtig, dass ich finanziell einen kleinen Puffer habe. Damit ich auch sagen kann, dieses Projekt will ich nicht machen, auch wenn ich gerade keinen Auftrag habe. Und es kamen zu Beginn schon ein, zwei Anfragen für Projekte, die mich für ein paar Monate abgesichert hätten. Aber die lagen thematisch zu nahe an dem, was ich die letzten Jahre gemacht habe. Und da nehme ich mir die Freiheit zu sagen: Danke, aber nein danke. Denn sonst hätte ich nicht kündigen müssen. Während meiner Weltreise habe ich gelernt, mit möglichst wenig Geld auszukommen und das führe jetzt in Deutschland so weiter, um mir ein Stück dieser persönlichen Freiheit gönnen zu können.

Wie geht es dir jetzt mit deiner Entscheidung?

Es ist natürlich alles sehr aufregend. Und ich bin gespannt, wie es weiter geht. Vor allem, ob stimmt, was mir jahrelang von Leuten mitgegeben wurde, die selbst ihr eigener Chef sind: „Wenn du dich selbstständig machst, brauchst du dir keine Sorgen machen, die Aufträge kommen“.

Natürlich passiert das nicht von jetzt auf gleich. Denn auch wenn ich ein gutes berufliches Netzwerk habe – die Menschen in meinem Netzwerk müssen ja erstmal erfahren, dass ich wieder da und verfügbar bin für Aufträge. Und spannend ist natürlich auch, ob sie mich jetzt tatsächlich gebrauchen können. Davor zu hören, dass es so wäre, ist natürlich schön und beruhigend. Aber die Frage ist ja: Kommt es dann wirklich so? Und an dieser Stelle bin ich gerade.

Lieber Leon, vielen Dank für das spannende Interview! Und auch dafür, dass du dich dazu bereit erklärt hast, als Gastautor einige Blogartikel für uns zu schreiben. Worauf dürfen sich unsere Leser freuen?

Sehr gerne! Ich möchte anderen Gründern einen kleinen Einblick geben, wie ich konkret an die Gründung herangegangen bin, wo ich Hilfe gefunden habe und welche Herausforderungen mir auf meinem Weg begegnet sind. Oft kommt nämlich vieles ganz anders, als man es erwartet ;)

Wir sind gespannt!



Zur Webseite von Leon Bucher: bucherconcepts.com

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